Die Baseline Den Stand eines Produkts oder Projekts festlegen

Manage­ment-Zusam­men­fas­sung die­ses Bei­trags:
Die Base­line (deutsch Basis­li­nie, sel­te­ner Basis­plan) bezeich­net eine Zusam­men­stel­lung von Pro­jekt­pro­duk­ten oder Requi­re­ments-Arte­fak­ten zu einem bestimm­ten → Zeit­punkt.
Es wird in die­sem Bei­trag die Base­line und der Umgang damit beschrieben.

Das Kon­zept der Base­line ist sowohl ein Teil des Pro­jekt­ma­nage­ments als auch des Requi­re­ments Engi­nee­rings. In bei­den Dis­zi­pli­nen kommt der Base­line eine gro­ße Bedeu­tung zu. Beim → Pro­jekt­ma­nage­ment ist die Base­line ein zen­tra­ler Begriff bei der → Pro­jekt­pla­nung und dem dar­auf auf­bau­en­den → Pro­jekt­con­trol­ling (Abbil­dung 1). Im → Requi­re­ments Engi­nee­ring wer­den Base­lines dazu genutzt, Kon­fi­gu­ra­ti­ons­stän­de zu → vali­die­ren.

Einordnung der Baseline im Projektmanagement- und Requirements-Engineering-Kontext, (C) Peterjohann Consulting, 2020-2024

Abbil­dung 1: Ein­ord­nung der Base­line im Pro­jekt­ma­nage­ment- und Requirements-Engineering-Kontext

Ande­re Bezeich­nun­gen für die Base­line sind:
Basis­plan (→ PMI deutsch), Release (im agi­len PM), Refe­renz (im PM nach PRINCE2), Refe­renz­kon­fi­gu­ra­ti­on, Anfor­de­rungs­ba­sis­li­nie, Zusammenstellung.

1. Einleitung und Grundlagen

In der Lite­ra­tur zum Pro­jekt­ma­nage­ment oder zum Requi­re­ments Engi­nee­ring wird der Begriff Base­line häu­fig ver­wen­det, ohne dass die genaue Bedeu­tung erläu­tert wird.

1.1 Definitionen

Fol­gen­de Defi­ni­tio­nen sind “all­ge­mein­gül­tig” und kön­nen kon­text­un­ab­hän­gig ver­wen­det werden.

Das PMI /PBG21‑d/ defi­niert:
“Basis­plan / Base­line. Die geneh­mig­te Ver­si­on eines Arbeits­pro­dukts, die als Grund­la­ge für den Ver­gleich mit tat­säch­li­chen Ergeb­nis­sen her­an­ge­zo­gen wird.”

In /IREB21/ steht:
“Eine Base­line ist eine sta­bi­le, ände­rungs­kon­trol­lier­te → Kon­fi­gu­ra­ti­on von Arbeitsprodukten.”

1.2 Ergänzende Definitionen

Das PMI ver­weist in vier wei­te­ren Defi­ni­tio­nen auf die drei Aspek­te des Pro­jekt­ma­nage­ments (Inhalt, Kos­ten und Ter­min) und hebt die Bedeu­tung des zen­tra­len Fort­schritts­mes­sungs­ba­sis­plans her­vor /PBG17‑d/:

  • Fort­schritts­mes­sungs­ba­sis­plan / Per­for­mance Mea­su­re­ment Base­line (PMB). Inte­grier­ter lnhalts- und Umfangs­ba­sis­plan, Ter­min­ba­sis­plan und Kos­ten­ba­sis­plan, der für Ver­glei­che ver­wen­det wird, um die Pro­jekt­aus­füh­rung zu mana­gen, zu mes­sen und zu steuern
  • Inhalts- und Umfangs­ba­sis­plan / Scope Base­line. Die geneh­mig­te Ver­si­on der Beschrei­bung von Inhalt und Umfang, eines Pro­jekt­struk­tur­plans (→ PSP) und des damit ver­bun­de­nen PSP-Ver­zeich­nis­ses, die mit­tels for­mel­ler Ände­rungs­steue­rungs­ver­fah­ren geän­dert wer­den kann und als Basis für Ver­glei­che mit tat­säch­li­chen Ergeb­nis­sen dient
  • Kos­ten­ba­sis­plan / Cost Base­line. Die geneh­mig­te Ver­si­on des in zeit­li­che Pha­sen geglie­der­ten Pro­jekt­bud­gets, aus­schließ­lich aller Manage­ment­re­ser­ven, die nur durch for­mel­le Ände­rungs­steue­rungs­ver­fah­ren geän­dert wer­den kön­nen, und die als Ver­gleichs­ba­sis für die tat­säch­li­chen Ergeb­nis­se ver­wen­det wird
  • Ter­min­ba­sis­plan / Sche­du­le Base­line. Die geneh­mig­te Ver­si­on eines Ter­min­plan­mo­dells, die nur mit­tels for­mel­ler Ände­rungs­steue­rungs­ver­fah­ren geän­dert wer­den kann, und die als Aus­gangs­ba­sis für den Ver­gleich mit tat­säch­li­chen Ergeb­nis­sen dient

Wei­te­re Begrif­fe im Kon­text der Base­line sind:
Abwei­chungs­ana­ly­se, → Ände­rungs­an­trag / → Chan­ge Request, Leis­tungs­be­ur­tei­lun­gen, → Manage­ment­re­ser­ve, → Risi­ko­zu­schlag, Pro­jekt­puf­fer, Varianz.

1.3 Das Erstellen einer Baseline

Zur Erstel­lung einer Base­line wer­den alle zusam­men­ge­hö­ren­den Bestand­tei­le zusam­men­ge­fasst. Hier­zu ist eine Ver­sio­nie­rung und Kon­fi­gu­rie­rung unbe­dingt notwendig.

Statt “Erstel­lung einer Base­line” kön­nen auch die fol­gen­den Begrif­fe ver­wen­det werden:

  • Zie­hen einer Baseline
  • Base­lining

2. Die Verwendung der Baseline

Die Base­line fin­det sich an eini­gen Stel­len im Pro­jekt­ma­nage­ment und im Requi­re­ments Engi­nee­ring wieder. 

2.1 Im Projektmanagement

In Pro­jek­ten ist der ers­te frei­ge­ge­be­ne Pla­nungs­stand (auto­ma­tisch) die Base­line. Es sind über die­sen ers­ten Pla­nungs­stand der Umfang, die Kos­ten und die Ter­mi­ne des Pro­jekts fest­ge­legt — es wird hier auch von “geneh­mig­ter” Base­line gespro­chen. Läuft das Pro­jekt wie geplant ohne Ände­run­gen durch, so bleibt die­se Base­line bestehen. Am Ende des Pro­jekts wird in der Kal­ku­la­ti­on die Base­line mit erreich­ten Wer­ten verglichen. 

Tre­ten Ände­run­gen im Pro­jekt­ver­lauf auf (was der Nor­mal­fall ist), so kön­nen die­se über das Ände­rungs­ma­nage­ment / mit­tels → Chan­ge Requests ein­ge­bracht wer­den. Gibt es auf­grund von Ände­run­gen neue Pla­nun­gen mit neu­en Plä­nen und Plan­wer­ten, so ergibt sich eine neue Base­line, die in der Regel (durch den → Len­kungs­aus­schuss) geneh­migt wer­den muss. Der Unter­schied / das Del­ta zwi­schen den bei­den Base­lines soll­te notiert werden.

In der → Ear­ned Value Ana­ly­sis — die auf dem Kos­ten­ver­lauf bis zum → Pro­jek­ten­de basiert — wer­den die Wer­te einer Base­line zur Berech­nung der Ear­ned-Value-Para­me­ter her­an­ge­zo­gen. Wird nun die Base­line und damit ins­be­son­de­re der Kos­ten­ver­lauf ver­än­dert, so erge­ben sich (kom­plett) neue Wer­te, die nicht mehr mit den bis dahin ermit­tel­ten Wer­ten ver­gli­chen wer­den kön­nen. Man löscht damit die His­to­rie des Earned-Value-Ansatzes.

Das PMI defi­niert Manage­ment­re­ser­ven, die dann ein­ge­setzt wer­den, wenn das Pro­jekt “aus dem Rah­men” läuft. Die Frei­ga­be einer Manage­ment­re­ser­ve führt auto­ma­tisch zu einer neu­en Baseline. 

2.2 Im Requirements Engineering

Im Requi­re­ments Engi­nee­ring wer­den Kon­fi­gu­ra­tio­nen von Anfor­de­run­gen zu einem bestimm­ten Zeit­punkt als Base­lines bezeich­net. Hier­über wer­den auch die Ver­bin­dun­gen (→ Traces) zwi­schen den ein­zel­nen Anfor­de­run­gen fest­ge­legt. Orga­ni­sa­to­risch / tech­nisch wird das Zie­hen von Base­lines in der Regel über das → Kon­fi­gu­ra­ti­ons­ma­nage­ment umgesetzt.

Eine Kon­fi­gu­ra­ti­on / Base­line wird im Requi­re­ments Engi­nee­ring vali­diert, was in der Regel eine Rei­he von Prü­fun­gen und Abstim­mun­gen mit sich bringt.

3. Generelle Regeln im Umgang mit Baselines

Das Erstel­len und Ver­wal­ten von Base­lines ist zeit- und kos­ten­auf­wen­dig, daher soll­ten eini­ge Aspek­te und Regeln beim Base­lining beach­tet werden.

Hier­zu zählen:

  • Gene­rell gilt: Nicht zu häu­fig neue Base­lines ziehen
  • Die Kos­ten des Base­linings benen­nen: Die Kos­ten des Zie­hens einer Base­line soll­ten mög­lichst früh­zei­tig benannt werden
  • Die Fol­ge­wir­kun­gen beach­ten (Down­ti­me): Wenn auf eine Base­line hin­ge­ar­bei­tet wird, so sind in der Regel ande­re Akti­vi­tä­ten zur Pro­dukt- oder Pro­jekt­wei­ter­ent­wick­lung “auf Eis” gelegt. Es gibt Design oder Code Free­zes, also Zei­ten, an denen dann nicht mehr an (gewis­sen) Tei­len wei­ter­ge­ar­bei­tet wer­den soll
  • Tools ein­set­zen (Kon­fi­gu­ra­ti­ons­ma­nage­ment): Ohne Tools geht es in der Regel nicht oder nur mit gro­ßen Ein­schrän­kun­gen. Es soll­ten daher unbe­dingt Tools zur Kon­fi­gu­rie­rung und Ver­sio­nie­rung ein­ge­setzt werden

4. Häufig gestellte Fragen und Antworten (FAQ) zur Baseline

Eini­ge Fra­gen zur Base­line wer­den häu­fig gestellt – die­se wer­den hier wiedergegeben.

  • F: Muss man immer Base­lines für ein Pro­jekt / → Vor­ha­ben erstel­len?
    A: Ja. In Pro­jek­ten ist der ers­te Plan, der zur Umset­zung geplant wird, eine Baseline.
  • F: Ist bei Pro­jek­ten oder Vor­ha­ben ein Konfigurationsmanagement(system) für Base­lines not­wen­dig?
    A: Ab einer gewis­sen Pro­jekt­grö­ße ja, da ansons­ten der → Auf­wand zur Nach­pfle­ge der Base­line-Bestand­tei­le zu hoch wer­den kann.

Haben Sie noch wei­te­re Fra­gen oder möch­ten Sie Ergän­zun­gen an der FAQ vor­neh­men? Am bes­ten schrei­ben Sie mir hier­zu eine E‑Mail an: kontakt@peterjohann-consulting.de.

A. Präsentationen, Literatur und Weblinks

Die Base­line wird in mei­ner Prä­sen­ta­ti­on zur → Ear­ned Value Ana­ly­sis genutzt.

Inhalt Typ
Pro­jekt­ma­nage­ment: Ear­ned Value Ana­ly­sis – Eine Übersicht
pdf

Die­se Bücher beleuch­ten die Base­line (im Pro­jekt- oder Requi­re­ments-Engi­nee­ring-Kon­text) etwas intensiver:

  1. /IREB21/ sie­he /Pohl21/
  2. /PBG17/ Pro­ject Manage­ment Insti­tu­te: A Gui­de to the Pro­ject Manage­ment Body of Know­ledge (PMBOK Gui­de), Pro­ject Manage­ment Insti­tu­te, Phil­adel­phia, Penn­syl­va­nia Sixth Edi­ti­on 2017, ISBN 978–1‑62825–184‑5
  3. /PBG17‑d/ Pro­ject Manage­ment Insti­tu­te: A Gui­de to the Pro­ject Manage­ment Body of Know­ledge (PMBOK Gui­de), Pro­ject Manage­ment Insti­tu­te, Phil­adel­phia, Penn­syl­va­nia Sechs­te Aus­ga­be 2017, ISBN 978–1‑62825–188‑3
  4. /PBG21/ Pro­ject Manage­ment Insti­tu­te: A Gui­de to the Pro­ject Manage­ment Body of Know­ledge (PMBOK Gui­de) and The → Stan­dard for Pro­ject Manage­ment, Pro­ject Manage­ment Insti­tu­te, Phil­adel­phia, Penn­syl­va­nia Seventh Edi­ti­on 2021, ISBN 978–1‑62825–664‑2
  5. /PBG21‑d/ Pro­ject Manage­ment Insti­tu­te: A Gui­de to the Pro­ject Manage­ment Body of Know­ledge (PMBOK Gui­de) und Der Stan­dard für das Pro­jekt­ma­nage­ment, Pro­ject Manage­ment Insti­tu­te, Phil­adel­phia, Penn­syl­va­nia Sieb­te Aus­ga­be 2021, ISBN 978–1‑62825–695‑6
  6. /Pohl21/ auch /IREB21/ Klaus Pohl, Chris Rupp: Basis­wis­sen Requi­re­ments Engi­nee­ring: Aus- und Wei­ter­bil­dung nach → IREB-Stan­dard zum Cer­ti­fied Pro­fes­sio­nal for Requi­re­ments Engi­nee­ring Foun­da­ti­on Level, dpunkt, Hei­del­berg 5. Auf­la­ge 2021, ISBN 978–3‑86490–814‑9
  7. /Rupp20/ Chris Rupp: Requi­re­ments-Engi­nee­ring und ‑Manage­ment. Das Hand­buch für Anfor­de­run­gen in jeder Situa­ti­on, Han­ser, Mün­chen 7. Auf­la­ge 2020, ISBN 978–3‑446–45587‑0

Fol­gen­de Web­links lie­fern wei­te­re Infor­ma­tio­nen zur Baseline:

  • /#Wiki-Baseline/ Base­line (als Abschnitt in “Soft­ware-Con­fi­gu­ra­ti­on-Manage­ment”) in der deut­schen Wikipedia

Legen­de zu den Weblinks
/ / Ver­weis auf eine Web­site (all­ge­mein)
/*/ Ver­weis auf eine Web­site, die als Ergän­zung zu einem Buch dient
/#/ Ver­weis auf ein ein­zel­nes The­ma auf einer Website
/#V/ Ver­weis auf ein Video auf einer Website