Management-Zusammenfassung dieses Beitrags:
In der Machbarkeitsbetrachtung (engl. Feasibility Investigation) wird zu einem sehr frühen → Zeitpunkt untersucht, ob ein Projektvorhaben generell machbar ist. Hierbei wird insbesondere die technische Machbarkeit überprüft.
In diesem Beitrag wird die Machbarkeitsbetrachtung beschrieben.
Die Machbarkeitsbetrachtung (auch: Machbarkeitsuntersuchung oder Machbarkeitsanalyse) ist ein Instrument zur Überprüfung der Machbarkeit. Sie sollte vor dem eigentlichen → Projektstart erfolgen, um so festzustellen, ob ein Projektvorhaben generell durchführbar ist. Wenn die Machbarkeitsbetrachtung ergibt, dass das → Projektziel nicht erreichbar ist, so sollte das → Vorhaben nicht weiter fortgeführt werden. Damit müssen für das Projektvorhaben nur die bereits angefallenen Kosten entrichtet werden, es entstehen keine weiteren Kosten.
1. Beschreibung
1.1 Definitionen
In der Wikipedia steht zur Machbarkeitsstudie /#Wiki-Machbarkeitsstudie/:
“Die Machbarkeitsstudie (englisch: feasibility study), auch Machbarkeitsanalyse oder Projektstudie genannt, ist ein Instrument und gleichzeitig eine Grundlage für die Entscheidung, ob und wie ein Projekt durchgeführt werden kann.“
Für die Machbarkeit definiert die Wikipedia /#Wiki-Machbarkeit/:
“Machbarkeit (auch Handhabbarkeit und Bewältigbarkeit genannt) im eigentlichen Sinne bedeutet technische oder wirtschaftliche Durchführbarkeit, d.h. eine Anforderung oder ein Projektziel steht in Einklang mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des jeweiligen Fachgebiets.”
In der DIN 69901–5:2009 /DIN20/ existiert der zur Definitionsphase gehörende → Projektmanagement-Prozess “D.8.3 Machbarkeit bewerten”, der dem → Risikomanagement zugeordnet ist. “Machbarkeit bewerten” ist der zweite verpflichtende Prozess im Prozessablauf (nach “D.11.1 → Ziele definieren”).
Das → IIBA /BBG17‑d/ definiert die Machbarkeitsstudie folgt:
“Machbarkeitsstudie (feasibility study): → Prüfung möglicher Varianten darauf, ob sie technisch, organisatorisch und wirtschaftlich im Rahmen gegebener Restriktionen umgesetzt werden können und ob sie geeignet sind, wesentliche Ziele zu erreichen.”
Das → PMI /PBG21‑d/ benennt zwar den Begriff Machbarkeit, gibt aber dazu keine weitergehenden Informationen oder Erläuterungen. Die → GPM /GPM19/ erläutert den Begriff Machbarkeit nicht.
1.2 Zeitliche Einordnung
In Abbildung 1.1 ist die zeitliche Einordnung der Machbarkeitsbetrachtung dargestellt.
Abbildung 1.1: Die zeitliche Einordnung der Machbarkeitsbetrachtung
1.3 Verwandte Begriffe
Generell sind folgende Begriffe zur Machbarkeit zu finden:
Durchführbarkeitsstudie, Machbarkeitsanalyse, Machbarkeitsbetrachtung, Machbarkeitsnachweis (Proof of Concept), Machbarkeitsprüfung (Feasibility Check), Machbarkeitsstudie (Feasibility Study), Machbarkeitsüberprüfung, Machbarkeitsuntersuchung, Projektstudie (veraltet).
Wenn sich die Machbarkeit in erster Linie auf wirtschaftliche Aspekte bezieht, so wird auch von der Wirtschaftlichkeit oder vom → Business Case gesprochen.
2. Bestandteile der Machbarkeit
Das Thema Machbarkeit in Projekten hat zwei Bestandteile, die betrachtet werden müssen (Abbildung 2.1):
- Kategorien und Inhalte: Welche Kategorien der Machbarkeit gibt es und welche müssen in der Machbarkeitsstudie enthalten sein?
- Vorgehen und Strukturierung: Wie führt man eine Machbarkeitsbetrachtung durch und welche Struktur soll eine Machbarkeitsstudie haben?
Abbildung 2.1: Machbarkeit: Bestandteile
2.1 Kategorien und Inhalte der Machbarkeit
In Abbildung 2.2 sind die wesentlichen Kategorien der Machbarkeit für ein Projekt dargestellt.
Diese sind:
- Technische Machbarkeit: Es wird die Frage beantwortet, ob die technische Machbarkeit gegeben ist
- Wirtschaftliche Machbarkeit: Kann das Projekt wirtschaftlich erfolgreich sein?
- Organisatorische Machbarkeit: Ist das Projektvorhaben mit den eigenen organisatorischen Abläufen machbar?
- Ressourcentechnische Machbarkeit: Sind genügend und passende Ressourcen zur Umsetzung des Projektvorhabens vorhanden?
- Zeitliche Machbarkeit: Ist das Projektvorhaben zeitlich machbar?
- Rechtliche Machbarkeit: Ist das Projektvorhaben rechtlich machbar?
- Ethische Machbarkeit: Ist das Projektvorhaben ethisch vertretbar?
- Ökologische Machbarkeit: Passt das Projekt in den Vorgaben zur Ökologie und Nachhaltigkeit?
Abbildung 2.2: Machbarkeit: Kategorien
Es gibt weitere Kategorien wie “politisch”, “wettbewerblich” und andere, die hier nicht aufgeführt sind.
Bei der Machbarkeitsanalyse wird meistens die technische Machbarkeit betrachtet, die anderen Kategorien werden dann in anderen Studien und Plänen betrachtet.
Zur technischen Machbarkeit gehören unter anderen:
- Herstellbarkeit
- Montierbarkeit
- Wartbarkeit
- Verfügbarkeit der Materialien
Auch Prototypen können bei der technischen Machbarkeitsanalyse herangezogen werden.
2.2 Vorgehen und Strukturierung
Sowohl das Vorgehen bei der Betrachtung als auch die Struktur der Studie werden im → Projektmanagement nicht vorgegeben. Dennoch stehen die technischen und wirtschaftlichen Kategorien im Vordergrund.
In der DIN 69001 gibt es den Prozess “D.8.3 Machbarkeit bewerten” /DIN20/, der als zweiter verpflichtender Prozess hinter “D.11.1 Ziele definieren” und vor “P.9.1 → Projektstrukturplan erstellen” durchgeführt werden muss (Abbildung 2.3).
Abbildung 2.3: Der DIN-Prozess “Machbarkeit bewerten”
3. Folgen aus der Machbarkeitsbetrachtung
Generell entsteht aus der Machbarkeitsbetrachtung eine Machbarkeitsstudie, die häufig eine → Ampeldarstellung enthält. Ist die Ampel grün, so kann der nächste Teilschritt vollzogen werden, ist sie rot, so muss das Projekt abgebrochen / beendet werden. Bei einer gelben Ampel muss an einigen Stellen nachgeprüft oder nachgebessert werden. Die Abfragen zur Ampeldarstellung sollten identisch mit denen sein, die vor Projektstart im Quality Gate / Quality Assessment abgefragt werden.
Auf Basis der Machbarkeits- und → Wirtschaftlichkeitsbetrachtung kann eine erste → Schätzung der Projektgröße (“Rough Estimation”) vorgenommen werden, wobei in der Regel Abweichungen von ‑25 bis +75 Prozent erlaubt sind. Ebenso kann nach der Machbarkeitsstudie das → Beschaffungsmanagement beginnen und eine Informationsanfrage (RFI — Request for Information) starten, die das Ziel hat, die Machbarkeit bei potenziellen Lieferanten abzufragen.
Die Ergebnisse der Machbarkeitsbetrachtung, die in der Machbarkeitsstudie zusammengefasst sind, bleiben für sich stehen: Es gibt nach dem Projektstart keine Aktualisierung oder erneute Überprüfung. Allerdings werden alle relevanten Ergebnisse der Studie in den weiteren Projektablauf eingebaut und darüber an anderer Stelle weiterverwendet.
Werden Änderungen → formal — über → Change Requests — beantragt, so müssen für diese Änderungen ebenfalls Machbarkeitsuntersuchungen stattfinden. Diese können jedoch deutlich weniger umfangreich als die Machbarkeitsbetrachtungen vor dem eigentlichen Projektstart sein. Als Basis der Machbarkeitsuntersuchung für Änderungen kann aber die ursprüngliche Machbarkeitsuntersuchung herangezogen werden. Wichtig ist dabei, dass es bei den beteiligten Parteien dann kommuniziert wird, dass es zur ursprünglichen Machbarkeitsstudie Ergänzungen gibt.
4. Häufig gestellte Fragen und Antworten (FAQ) zur Machbarkeitsbetrachtung
Einige Fragen zur Machbarkeitsbetrachtung werden häufig gestellt – diese werden hier wiedergegeben und beantwortet.
- F: Wann muss die Machbarkeitsbetrachtung durchgeführt werden?
A: Immer vor dem eigentlichen Projekt, in der → Vorprojektphase, nach Möglichkeit als allererste Untersuchung, denn hieraus kann ein Abbruch des Projektvorhabens resultieren. - F: Muss die Machbarkeitsbetrachtung immer durchgeführt werden?
A: Nein — auch wenn das die DIN /DIN20/ in Teilen anders sieht. Die Machbarkeitsbetrachtung sollte aber immer bei technisch kritischen Projektvorhaben verpflichtend sein. - F: Muss ein schriftliches Dokument — die Machbarkeitsstudie — zum Abschluss der Machbarkeitsbetrachtung erstellt werden?
A: Ja, denn ansonsten verfehlt die Machbarkeitsbetrachtung ihre Wirkung. - F: Muss die Machbarkeitsbetrachtung regelmäßig aktualisiert werden?
A: Nein, zumindest nicht direkt. Da die Ergebnisse, die in der Machbarkeitsstudie festgehalten werden, auch in weitere Betrachtungen und Analysen einfließen, sollten dort dann Aktualisierungen erfolgen.
Haben Sie noch weitere Fragen oder möchten Sie Ergänzungen an der FAQ vornehmen? Am besten schreiben Sie mir hierzu eine E‑Mail an: kontakt@peterjohann-consulting.de.
A. Präsentationen, Literatur und Weblinks
A.1 Meine öffentliche Präsentation zur Machbarkeitsbetrachtung
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A.2 Literatur
Hier sind einige Bücher aufgeführt, die in diesem Beitrag zitiert werden oder die die Machbarkeitsbetrachtung etwas intensiver beleuchten.
- /BBG17‑d/ IIBA: BABOK v3: Leitfaden zur Business-Analyse BABOK Guide 3.0, Dr. Götz Schmidt, Wettenberg 2017, ISBN 978–3‑945997–03‑1
- /DIN20/ DIN: Projektmanagement. Netzplantechnik und Projektmanagementsysteme. DIN-Taschenbuch 472, Beuth, Berlin 4. Auflage 2020, ISBN 978–3‑410–30000‑7
- /GPM16/ Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement: Kompetenzbasiertes Projektmanagement (PM3), GPM, Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement, Nürnberg 8. Auflage 2016, ISBN 978–3‑924841–74‑4
- /GPM19/ Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement: Kompetenzbasiertes Projektmanagement (PM4), GPM, Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement, Nürnberg 2019, ISBN 978–3‑924841–77‑5
- /PBG21‑d/ Project Management Institute: A Guide to the Project Management Body of Knowledge (PMBOK Guide) und Der → Standard für das Projektmanagement, Project Management Institute, Philadelphia, Pennsylvania Siebte Ausgabe 2021, ISBN 978–1‑62825–695‑6
A.3 Weblinks
- /#Wiki-Machbarkeit/ Machbarkeit in der deutschen Wikipedia
- /#Wiki-Machbarkeitsstudie/ Machbarkeitsstudie in der deutschen Wikipedia
- #Wiki-Proof-of-Concept/ Proof of Concept in der deutschen Wikipedia
Legende zu den Weblinks
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/*/ Verweis auf eine Website, die als Ergänzung zu einem Buch dient
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Letzte Aktualisierung: 20.05.2022 © Peterjohann Consulting, 2005–2024