Die Verbindlichkeit von Anforderungen und Zielen Schlüsselwörter richtig einsetzen

Manage­ment-Zusam­men­fas­sung die­ses Bei­trags:
Um die recht­li­che Ver­bind­lich­keit von Anfor­de­run­gen und Zie­len zu erfas­sen, wer­den in der Regel Schlüs­sel­wör­ter in Sät­zen (häu­fig über → Satz­scha­blo­nen) ver­wen­det.
In die­sem Bei­trag wer­den die Schlüs­sel­wör­ter aus der Lite­ra­tur sowie in den Nor­men und Stan­dards gegenübergestellt.

1. Einleitung und Grundlagen

Um die recht­li­che Ver­bind­lich­keit einer Anfor­de­rung oder eines Ziels fest­zu­le­gen, wer­den Schlüs­sel­wör­ter benutzt. Bei der Ver­wen­dung von Anfor­de­rungs- oder Satz­scha­blo­nen sind die­se Schlüs­sel­wör­ter von zen­tra­ler Bedeutung.

Ein mög­li­ches Sche­ma zur Ein­ord­nung der recht­li­chen Ver­bind­lich­kei­ten mit drei Schlüs­sel­wör­tern (“muss, soll­te, kann”) ist in Abbil­dung 1 dargestellt.

Schlüsselwörter und deren rechtliche Verbindlichkeit, (C) Peterjohann Consulting, 2022-2024

Abbil­dung 1: Schlüs­sel­wör­ter und deren recht­li­che Verbindlichkeit

Da Schlüs­sel­wör­ter eine Ver­bind­lich­keit der Umset­zung vor­ge­ben, kön­nen über sie direkt auch Prio­ri­sie­run­gen vor­ge­no­me­nen wer­den. Alle Anfor­de­run­gen, die das Schlüs­sel­wort “muss” ent­hal­ten, haben die höchs­te → Prio­ri­tät.

1.1 Modalverben

Die Schlüs­sel­wör­ter sind spe­zi­el­le Hilfs­ver­ben, soge­nann­te Modalverben. 

In der Wiki­pe­dia steht dazu /#Wiki-Modalverb/:
“Modal­verb (zu modus „Art, Wei­se“; hier: „die Art der Aus­sa­ge bezeich­nend“) ist in der Sprach­wis­sen­schaft eine Bezeich­nung für bestimm­te Ver­ben, die zum Aus­druck einer Moda­li­tät – im Sin­ne von Not­wen­dig­keit oder Mög­lich­keit – die­nen.
Im Deut­schen wer­den gewöhn­lich die sechs Ver­ben dür­fen, kön­nen, mögen, müs­sen, sol­len und wol­len als Modal­ver­ben auf­ge­führt (müs­sen, sol­len, wol­len bezeich­nen Not­wen­dig­kei­ten ver­schie­de­ner Art und dür­fen, kön­nen, mögen Mög­lich­kei­ten ver­schie­de­ner Art).”

In Abbil­dung 2 sind die sechs Modal­ver­ben mit der Unter­tei­lung “Not­wen­dig­kei­ten” und “Mög­lich­kei­ten” dargestellt.

Die sechs Modalverben mit der Unterteilung nach Notwendigkeiten und Möglichkeiten, (C) Peterjohann Consulting, 2023-2024

Abbil­dung 2: Die sechs Modal­ver­ben mit der Unter­tei­lung nach Not­wen­dig­kei­ten und Möglichkeiten

1.2 Exkurs: Satzschablonen

Die recht­li­che Ver­bind­lich­keit ist beson­ders bei Satz­scha­blo­nen wich­tig (Abbil­dung 3), da sie den Kern der tex­tu­el­len For­mu­lie­rung einer Anfor­de­rung bilden.

Die Satzschablone, (C) Peterjohann Consulting, 2018-2024

Abbil­dung 3: Die → Satz­scha­blo­ne

2. Die Schlüsselwörter in der Literatur

In der Lite­ra­tur wer­den Schlüs­sel­wör­ter zur Fest­le­gung der Ver­bind­lich­keit häu­fig benannt. In der nach­fol­gen­den Tabel­le sind die Schlüs­sel­wör­ter eini­ger Autoren sowie Nor­men und Stan­dards gegen­über­ge­stellt. In der ers­ten Spal­te wird der Grad der Ver­bind­lich­keit (von “Ver­bind­lich” bis “Nicht erlaubt”) ange­ge­ben und in der zwei­ten Spal­te die dazu­ge­hö­ri­gen Punk­te (von “5” bis “-1”). In den wei­te­ren Spal­ten fin­den sich die ent­spre­chen­den Schlüs­sel­wör­ter bei den ein­zel­nen Autoren — die ent­spre­chen­den Ver­wei­se fin­den sich im Anhang die­ses Beitrags.

GradPktePohl21Rupp20Rupp20Ebert22Hruschka23Hruschka23→ IREB-24IREB-HandIREB-HandISO 29118Gilb05
Ver­bind­lich / Obligatorisch5mussmussshallmussmuss (soll)shall-mussshallshall-
Wenn mög­lich / Stark erwünscht4soll­tesoll­teshouldsollsoll (soll­te)should-soll­teshouldshould-
Bei Rest­ka­pa­zi­tät / Vorschlag3wirdwirdwillwird(wird)(will)-kann maymay-
Zukünf­tig 2kann--------will-
Sons­ti­ges0-------wirdwillwill-
Nicht erlaubt-1-darf nicht---------

Auf­fäl­lig ist, dass die Autoren teil­wei­se leicht von­ein­an­der abweichen.

3. Die Schlüsselwörter in Normen und Standards

In eini­gen Nor­men und Stan­dards wer­den Schlüs­sel­wör­ter benannt. Hier ist zumeist der RFC 2119 der IETF (Inter­net Engi­nee­ring Task Force) /#IETF-RFC2119/ die Basis. 

GradPkteRFC 2119RFC 2119 (Nicht)BSIBSI
(Nicht)
DIN 820–2ISO 29148
Ver­bind­lich / Obligatorisch5mustmust notmuss / darf nurdarf nicht / darf keinmussshall
Wenn mög­lich / Stark erwünscht4shouldshould notsoll­tesoll­te nicht / soll­te keinesoll­teshould
Bei Rest­ka­pa­zi­tät / Vorschlag3may-kann-kannmay
Zukünf­tig 2-----will
Sons­ti­ges0-----will
Nicht erlaubt-1------

4. Tipps zu praktischen Einsatz

Fol­gen­de Tipps zum prak­ti­schen Ein­satz kön­nen abge­ge­ben werden:

  • Ach­ten Sie bei der Beschrei­bung von Anfor­de­run­gen auf die rich­ti­gen Schlüsselwörter
  • Ver­wen­den Sie im Zwei­fel Ver­bind­lich­keits­stu­fen mit einem Punk­te­sys­tem (-1 bis 5)
  • Bespre­chen Sie die Ver­wen­dung der Schlüs­sel­wör­ter mit allen Betei­lig­ten vor­ab. Ins­be­son­de­re bei inter­na­tio­na­len → Teams muss dar­auf geach­tet wer­den, dass zwi­schen muss/soll (= shall) und soll­te (= should) unter­schie­den wird 

Zu den Verbindlichkeitsstufen:

  • Bei eini­gen Orga­ni­sa­tio­nen dür­fen nur “ver­bind­li­che Anfor­de­run­gen” erfasst werden
  • Um in einem Umset­zungs­pro­jekt steu­ern (über → Prio­ri­sie­rung) zu kön­nen, müs­sen neben “ver­bind­li­chen” Anfor­de­run­gen auch ande­re erfasst wer­den. Wenn jedoch → Stake­hol­der zur Ver­bind­lich­keit von selbst­ge­nann­ten Anfor­de­run­gen immer den Wert “ver­bind­lich” ange­ben, fällt die Mög­lich­keit der Steue­rung weg

A. Präsentationen, Literatur und Weblinks

A.1 Meine öffentliche Präsentation zur Verbindlichkeit von Anforderungen

  • -

A.2 Literatur

In fol­gen­den Büchern wird als Teil­aspekt die recht­li­che Ver­bind­lich­keit erläutert:

  • /Ebert22/ Chris­tof Ebert: Sys­te­ma­ti­sches → Requi­re­ments Engi­nee­ring. Anfor­de­run­gen ermit­teln, doku­men­tie­ren, ana­ly­sie­ren und ver­wal­ten, dpunkt, Hei­del­berg 7. Auf­la­ge 2022, ISBN 978–3‑86490–919‑1
  • /Gilb05/ Tom Gilb: Com­pe­ti­ti­ve Engi­nee­ring: A Hand­book for → Sys­tems Engi­nee­ring, Requi­re­ments Engi­nee­ring, and → Soft­ware Engi­nee­ring Using Plan­guage, But­ter­worth-Hei­ne­mann, Bur­ling­ton, Mas­sa­chu­setts 2005, ISBN 978–0‑7506–6507‑0
  • /Hruschka23/ Peter Hrusch­ka: → Busi­ness Ana­ly­sis und Requi­re­ments Engi­nee­ring. Pro­zes­se und Pro­duk­te nach­hal­tig ver­bes­sern, Han­ser, Mün­chen 3. Auf­la­ge 2023, ISBN 978–3‑446–47692‑9
  • /IREB21/ sie­he /Pohl21/
  • /Pohl21/ auch /IREB21/ Klaus Pohl, Chris Rupp: Basis­wis­sen Requi­re­ments Engi­nee­ring: Aus- und Wei­ter­bil­dung nach IREB-→ Stan­dard zum Cer­ti­fied Pro­fes­sio­nal for Requi­re­ments Engi­nee­ring Foun­da­ti­on Level, dpunkt, Hei­del­berg 5. Auf­la­ge 2021, ISBN 978–3‑86490–814‑9
  • /Rupp20/ Chris Rupp: Requi­re­ments-Engi­nee­ring und ‑Manage­ment. Das Hand­buch für Anfor­de­run­gen in jeder Situa­ti­on, Han­ser, Mün­chen 7. Auf­la­ge 2020, ISBN 978–3‑446–45587‑0

Auf fol­gen­de Web­links wird in die­sem Bei­trag Bezug genommen:

Legen­de zu den Weblinks
/ / Ver­weis auf eine Web­site (all­ge­mein)
/*/ Ver­weis auf eine Web­site, die als Ergän­zung zu einem Buch dient
/#/ Ver­weis auf ein ein­zel­nes The­ma auf einer Website
/#V/ Ver­weis auf ein Video auf einer Website