Management-Zusammenfassung dieses Beitrags:
Die Baseline (deutsch Basislinie, seltener Basisplan) bezeichnet eine Zusammenstellung von Projektprodukten oder Requirements-Artefakten zu einem bestimmten → Zeitpunkt.
Es wird in diesem Beitrag die Baseline und der Umgang damit beschrieben.
Das Konzept der Baseline ist sowohl ein Teil des Projektmanagements als auch des Requirements Engineerings. In beiden Disziplinen kommt der Baseline eine große Bedeutung zu. Beim → Projektmanagement ist die Baseline ein zentraler Begriff bei der → Projektplanung und dem darauf aufbauenden → Projektcontrolling (Abbildung 1). Im → Requirements Engineering werden Baselines dazu genutzt, Konfigurationsstände zu → validieren.
Abbildung 1: Einordnung der Baseline im Projektmanagement- und Requirements-Engineering-Kontext
Andere Bezeichnungen für die Baseline sind:
Basisplan (→ PMI deutsch), Release (im agilen PM), Referenz (im PM nach PRINCE2), Referenzkonfiguration, Anforderungsbasislinie, Zusammenstellung.
1. Einleitung und Grundlagen
In der Literatur zum Projektmanagement oder zum Requirements Engineering wird der Begriff Baseline häufig verwendet, ohne dass die genaue Bedeutung erläutert wird.
1.1 Definitionen
Folgende Definitionen sind “allgemeingültig” und können kontextunabhängig verwendet werden.
Das PMI /PBG21‑d/ definiert:
“Basisplan / Baseline. Die genehmigte Version eines Arbeitsprodukts, die als Grundlage für den Vergleich mit tatsächlichen Ergebnissen herangezogen wird.”
In /IREB21/ steht:
“Eine Baseline ist eine stabile, änderungskontrollierte → Konfiguration von Arbeitsprodukten.”
1.2 Ergänzende Definitionen
Das PMI verweist in vier weiteren Definitionen auf die drei Aspekte des Projektmanagements (Inhalt, Kosten und Termin) und hebt die Bedeutung des zentralen Fortschrittsmessungsbasisplans hervor /PBG17‑d/:
- Fortschrittsmessungsbasisplan / Performance Measurement Baseline (PMB). Integrierter lnhalts- und Umfangsbasisplan, Terminbasisplan und Kostenbasisplan, der für Vergleiche verwendet wird, um die Projektausführung zu managen, zu messen und zu steuern
- Inhalts- und Umfangsbasisplan / Scope Baseline. Die genehmigte Version der Beschreibung von Inhalt und Umfang, eines Projektstrukturplans (→ PSP) und des damit verbundenen PSP-Verzeichnisses, die mittels formeller Änderungssteuerungsverfahren geändert werden kann und als Basis für Vergleiche mit tatsächlichen Ergebnissen dient
- Kostenbasisplan / Cost Baseline. Die genehmigte Version des in zeitliche Phasen gegliederten Projektbudgets, ausschließlich aller Managementreserven, die nur durch formelle Änderungssteuerungsverfahren geändert werden können, und die als Vergleichsbasis für die tatsächlichen Ergebnisse verwendet wird
- Terminbasisplan / Schedule Baseline. Die genehmigte Version eines Terminplanmodells, die nur mittels formeller Änderungssteuerungsverfahren geändert werden kann, und die als Ausgangsbasis für den Vergleich mit tatsächlichen Ergebnissen dient
Weitere Begriffe im Kontext der Baseline sind:
Abweichungsanalyse, → Änderungsantrag / → Change Request, Leistungsbeurteilungen, → Managementreserve, → Risikozuschlag, Projektpuffer, Varianz.
1.3 Das Erstellen einer Baseline
Zur Erstellung einer Baseline werden alle zusammengehörenden Bestandteile zusammengefasst. Hierzu ist eine Versionierung und Konfigurierung unbedingt notwendig.
Statt “Erstellung einer Baseline” können auch die folgenden Begriffe verwendet werden:
- Ziehen einer Baseline
- Baselining
2. Die Verwendung der Baseline
Die Baseline findet sich an einigen Stellen im Projektmanagement und im Requirements Engineering wieder.
2.1 Im Projektmanagement
In Projekten ist der erste freigegebene Planungsstand (automatisch) die Baseline. Es sind über diesen ersten Planungsstand der Umfang, die Kosten und die Termine des Projekts festgelegt — es wird hier auch von “genehmigter” Baseline gesprochen. Läuft das Projekt wie geplant ohne Änderungen durch, so bleibt diese Baseline bestehen. Am Ende des Projekts wird in der Kalkulation die Baseline mit erreichten Werten verglichen.
Treten Änderungen im Projektverlauf auf (was der Normalfall ist), so können diese über das Änderungsmanagement / mittels → Change Requests eingebracht werden. Gibt es aufgrund von Änderungen neue Planungen mit neuen Plänen und Planwerten, so ergibt sich eine neue Baseline, die in der Regel (durch den → Lenkungsausschuss) genehmigt werden muss. Der Unterschied / das Delta zwischen den beiden Baselines sollte notiert werden.
In der → Earned Value Analysis — die auf dem Kostenverlauf bis zum → Projektende basiert — werden die Werte einer Baseline zur Berechnung der Earned-Value-Parameter herangezogen. Wird nun die Baseline und damit insbesondere der Kostenverlauf verändert, so ergeben sich (komplett) neue Werte, die nicht mehr mit den bis dahin ermittelten Werten verglichen werden können. Man löscht damit die Historie des Earned-Value-Ansatzes.
Das PMI definiert Managementreserven, die dann eingesetzt werden, wenn das Projekt “aus dem Rahmen” läuft. Die Freigabe einer Managementreserve führt automatisch zu einer neuen Baseline.
2.2 Im Requirements Engineering
Im Requirements Engineering werden Konfigurationen von Anforderungen zu einem bestimmten Zeitpunkt als Baselines bezeichnet. Hierüber werden auch die Verbindungen (→ Traces) zwischen den einzelnen Anforderungen festgelegt. Organisatorisch / technisch wird das Ziehen von Baselines in der Regel über das → Konfigurationsmanagement umgesetzt.
Eine Konfiguration / Baseline wird im Requirements Engineering validiert, was in der Regel eine Reihe von Prüfungen und Abstimmungen mit sich bringt.
3. Generelle Regeln im Umgang mit Baselines
Das Erstellen und Verwalten von Baselines ist zeit- und kostenaufwendig, daher sollten einige Aspekte und Regeln beim Baselining beachtet werden.
Hierzu zählen:
- Generell gilt: Nicht zu häufig neue Baselines ziehen
- Die Kosten des Baselinings benennen: Die Kosten des Ziehens einer Baseline sollten möglichst frühzeitig benannt werden
- Die Folgewirkungen beachten (Downtime): Wenn auf eine Baseline hingearbeitet wird, so sind in der Regel andere Aktivitäten zur Produkt- oder Projektweiterentwicklung “auf Eis” gelegt. Es gibt Design oder Code Freezes, also Zeiten, an denen dann nicht mehr an (gewissen) Teilen weitergearbeitet werden soll
- Tools einsetzen (Konfigurationsmanagement): Ohne Tools geht es in der Regel nicht oder nur mit großen Einschränkungen. Es sollten daher unbedingt Tools zur Konfigurierung und Versionierung eingesetzt werden
4. Häufig gestellte Fragen und Antworten (FAQ) zur Baseline
Einige Fragen zur Baseline werden häufig gestellt – diese werden hier wiedergegeben.
- F: Muss man immer Baselines für ein Projekt / → Vorhaben erstellen?
A: Ja. In Projekten ist der erste Plan, der zur Umsetzung geplant wird, eine Baseline. - F: Ist bei Projekten oder Vorhaben ein Konfigurationsmanagement(system) für Baselines notwendig?
A: Ab einer gewissen Projektgröße ja, da ansonsten der → Aufwand zur Nachpflege der Baseline-Bestandteile zu hoch werden kann.
Haben Sie noch weitere Fragen oder möchten Sie Ergänzungen an der FAQ vornehmen? Am besten schreiben Sie mir hierzu eine E‑Mail an: kontakt@peterjohann-consulting.de.
A. Präsentationen, Literatur und Weblinks
Die Baseline wird in meiner Präsentation zur → Earned Value Analysis genutzt.
Inhalt | Typ |
---|---|
Projektmanagement: Earned Value Analysis – Eine Übersicht |
Diese Bücher beleuchten die Baseline (im Projekt- oder Requirements-Engineering-Kontext) etwas intensiver:
- /IREB21/ siehe /Pohl21/
- /PBG17/ Project Management Institute: A Guide to the Project Management Body of Knowledge (PMBOK Guide), Project Management Institute, Philadelphia, Pennsylvania Sixth Edition 2017, ISBN 978–1‑62825–184‑5
- /PBG17‑d/ Project Management Institute: A Guide to the Project Management Body of Knowledge (PMBOK Guide), Project Management Institute, Philadelphia, Pennsylvania Sechste Ausgabe 2017, ISBN 978–1‑62825–188‑3
- /PBG21/ Project Management Institute: A Guide to the Project Management Body of Knowledge (PMBOK Guide) and The → Standard for Project Management, Project Management Institute, Philadelphia, Pennsylvania Seventh Edition 2021, ISBN 978–1‑62825–664‑2
- /PBG21‑d/ Project Management Institute: A Guide to the Project Management Body of Knowledge (PMBOK Guide) und Der Standard für das Projektmanagement, Project Management Institute, Philadelphia, Pennsylvania Siebte Ausgabe 2021, ISBN 978–1‑62825–695‑6
- /Pohl21/ auch /IREB21/ Klaus Pohl, Chris Rupp: Basiswissen Requirements Engineering: Aus- und Weiterbildung nach → IREB-Standard zum Certified Professional for Requirements Engineering Foundation Level, dpunkt, Heidelberg 5. Auflage 2021, ISBN 978–3‑86490–814‑9
- /Rupp20/ Chris Rupp: Requirements-Engineering und ‑Management. Das Handbuch für Anforderungen in jeder Situation, Hanser, München 7. Auflage 2020, ISBN 978–3‑446–45587‑0
Folgende Weblinks liefern weitere Informationen zur Baseline:
- /#Wiki-Baseline/ Baseline (als Abschnitt in “Software-Configuration-Management”) in der deutschen Wikipedia
Legende zu den Weblinks
/ / Verweis auf eine Website (allgemein)
/*/ Verweis auf eine Website, die als Ergänzung zu einem Buch dient
/#/ Verweis auf ein einzelnes Thema auf einer Website
/#V/ Verweis auf ein Video auf einer Website
Letzte Aktualisierung: 24.03.2022 © Peterjohann Consulting, 2005–2024