Der “Korridor der Unsicherheit” Grafik des Monats Dezember 2014

1. Beschreibung

Wer­den Schät­zun­gen des Auf­wands und der → Dau­er (für ein Pro­jekt) durch­ge­führt, so sind die­se immer mit einer Unsi­cher­heit behaf­tet. Genaue Schät­zun­gen sind auf­wen­dig (und damit teu­er) und wer­den daher meis­tens erst durch­ge­führt, wenn das Pro­jekt wei­ter kon­kre­ti­siert wird. Es ergibt sich somit ein “Kor­ri­dor der Unsi­cher­heit” (eng­lisch Cone of Uncer­tain­ty, ande­re Bezeich­nung auch “Unschär­fe­trich­ter”), der die Schätz­ge­nau­ig­keit im Ver­lauf eines Pro­jekts wie­der­gibt (Abbil­dung 1.1).

Der Korridor der Unsicherheit, (C) Peterjohann Consulting, 2014-2024

Abbil­dung 1.1: Der “Kor­ri­dor der Unsi­cher­heit” (nach /Kerzner08/)

Im Lau­fe eines Pro­jekts wird zu unter­schied­li­chen Zeit­punk­ten mit unter­schied­li­cher → Genau­ig­keit geschätzt. Typi­scher­wei­se soll­ten min­des­tens zu fol­gen­den drei Zeit­punk­ten Schät­zun­gen vor­ge­nom­men werden:

  1. Vor Beginn des Pro­jekts wird mit der → Mach­bar­keits­stu­die abge­schätzt, wel­cher Grö­ßen­ord­nung (“Rough Order Magni­tu­de – ROM”) das Gesamt­pro­jekt zuzu­ord­nen ist
  2. Bei der Aus­ar­bei­tung des Pro­jekts wird meis­tens eine Kos­ten-Nut­zen-Ana­ly­se vor­ge­nom­men, über die das Pro­jekt­bud­get fest­ge­legt wird
  3. Erst mit → Pro­jekt­start und der Erstel­lung der kon­kre­ten Plä­ne (wie dem → Pro­jekt­struk­tur­plan→ PSP) kommt es zur defi­ni­ti­ven → Schät­zung auf Basis der → Arbeits­pa­ke­te

Die nach­fol­gen­de Tabel­le gibt die Grö­ßen­ord­nung der Abwei­chun­gen in den ein­zel­nen Schätz­pha­sen wieder.

Abschätzungen der Größenordnung, (C) Peterjohann Consulting, 2014-2024

Abbil­dung 1.2: Abschät­zun­gen der Grö­ßen­ord­nung (nach /Kerzner08/)

Ande­re Dar­stel­lun­gen des Kor­ri­dors der Unsi­cher­heit, wie hier in Abbil­dung 1.3 wie­der­ge­ge­ben, benen­nen die mög­li­chen quan­ti­ta­ti­ven Abwei­chun­gen kon­kret: In die­sen Fall wird davon aus­ge­gan­gen, dass die ers­ten Schät­zun­gen in einem Pro­jekt bis zu 250 % abwei­chen kön­nen. Die­se Schätz­un­si­cher­heit nimmt im Lau­fe des Pro­jekts immer wei­ter ab, mit → Pro­jekt­ab­schluss ist sie ganz verschwunden.

Prozentuale Abweichungen im Projektverlauf, (C) Peterjohann Consulting, 2014-2024

Abbil­dung 1.3: Pro­zen­tua­le Abwei­chun­gen im Pro­jekt­ver­lauf (nach /Jenny14/)

Betrach­tet man die → Zie­le oder Anfor­de­run­gen als Grund­la­ge für die Schät­zun­gen, so ergibt sich fol­gen­des Bild (für die Zielklarheit):

Erhöhung der Zielklarheit im Projektverlauf, (C) Peterjohann Consulting, 2014-2024

Abbil­dung 1.4: Erhö­hung der Ziel­klar­heit im Pro­jekt­ver­lauf (nach /Schelle08/)

Die blaue Linie gibt die gewünsch­te Redu­zie­rung der Schätz­un­si­cher­heit wie­der, die grü­ne Linie den tat­säch­li­chen Ver­lauf, der ins­be­son­de­re durch “bewuss­tes Nach­schät­zen” entsteht.

2. Anmerkungen und Varianten

Über den “Kor­ri­dor der Unsi­cher­heit” (die­ser Begriff ist nicht fest eta­bliert und wird daher nicht ein­heit­lich in der Lite­ra­tur ver­wen­det) kön­nen auch ande­re Betrach­tun­gen vor­ge­nom­men wer­den. Dabei könn­ten fol­gen­de Wer­te (meis­tens tabel­la­risch) gegen­über­ge­stellt wer­den – dies sind beispielsweise:

  • Klei­ne vs. gro­ße Projekte
  • Kos­ten der erhöh­ten Genau­ig­keit in den ein­zel­nen → Pro­jekt­pha­sen
  • Unter­schied­li­che → Schätz­me­tho­den
  • Erwar­te­te und tole­rier­te Schät­zun­gen­au­ig­keit bei den ein­zel­nen Stakeholdern
  • Die Begrif­fe Schät­zun­gen­au­ig­keit und Schätz­un­si­cher­heit wer­den in die­sem Bei­trag syn­onym verwendet
  • Bran­chen, ins­be­son­de­re → Soft­ware­ent­wick­lung und Bau­bran­che; wäh­rend in der Soft­ware­ent­wick­lung Abwei­chun­gen um den Fak­tor 2 durch­aus üblich sind, wer­den Abwei­chun­gen von über 20 % in der Bau­bran­che sel­ten toleriert

3. Einsatz

Die mög­li­chen Schätz­ab­wei­chun­gen soll­ten den Schät­zern (und damit den Pro­jekt­ver­ant­wort­li­chen) immer bewusst sein. Ver­bes­ser­te Schät­zun­gen mit erhöh­ter Genau­ig­keit sind nur dann sinn­voll, wenn der → Auf­wand für die Schät­zung gerin­ger ist als der Nut­zen, der durch die ver­bes­ser­ten Schätz­wer­te entsteht.

Merk­spruch: Ver­wech­seln Sie nicht → Schät­zen mit Pla­nen oder Berechnen.

4. Auch zu finden in

Beschrei­bun­gen zu den Abwei­chun­gen bei Schät­zun­gen fin­den sich in eini­gen → Prä­sen­ta­tio­nen und Büchern: Hier sind nur die­je­ni­gen auf­ge­führt, die hier auch zitiert wurden.

4.1 Eigene Präsentation

Inhalt Typ
Pro­jekt­ma­nage­ment: Schät­zen (von Auf­wän­den) – Eine Übersicht
pdf

4.2 Literatur

  • /Jenny14/ Bru­no Jen­ny: → Pro­jekt­ma­nage­ment. Das Wis­sen für den Pro­fi, Vdf Hoch­schul­ver­lag, Zürich 3. Auf­la­ge 2014, ISBN 978–3‑7281–3565‑0
  • /Kerzner08/ Harold Kerz­ner: Pro­jekt­ma­nage­ment – Ein sys­tem­ori­en­tier­ter Ansatz zur Pla­nung und Steue­rung, mitp, Bonn 2. Auf­la­ge 2008, ISBN 978–3‑8266–1666‑2
  • /Schelle08/ Heinz Schel­le, Roland Ott­mann, Astrid Pfeif­fer: → Pro­jekt­ma­na­ger, → GPM, Deut­sche Gesell­schaft für Pro­jekt­ma­nage­ment, Nürn­berg 3. Auf­la­ge 2008, ISBN 978–3‑9248–4126‑3

4.3 Weblinks

Legen­de zu den Weblinks
/ / Ver­weis auf eine Web­site (all­ge­mein)
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/#/ Ver­weis auf ein ein­zel­nes The­ma auf einer Website
/#V/ Ver­weis auf ein Video auf einer Website