Management-Zusammenfassung dieses Beitrags:
Prioritäten geben zeitliche Reihenfolgen für die Bearbeitung von Aufgaben, Vorgaben oder Projekten vor. Damit sind sie unverzichtbar für das → Projektmanagement oder das → Requirements Engineering.
In diesem Beitrag werden Prioritäten und deren Einsatz vorgestellt.
Generell kann über Prioritäten eine Bearbeitungsreihenfolge von Projekten, Themen oder Aufgaben festgelegt werden. Liegen die Prioritäten, die → Aufwände zur Umsetzung und die Ressourcen vor, so können → Terminpläne entwickelt werden.
Abbildung 0.1: Die Vorgaben für zeitliche Anordnungen
Stichworte für diesen Beitrag: Priorität, Priorisierung, Priorisierungsskalen, Umpriorisierung, Re-Priorisierung, Priorisierungsschema, Priorisierungstechnik, …
Einsatzzwecke für Prioritäten / Priorisierung:
Projektmanagement, Projektportfoliomanagement, Zielpriorisierung, → Risikomanagement, → Zeitmanagement, Backlogmanagement, Technische IT-Systeme, Recht
1. Einleitung und Grundlagen
In diesem Abschnitt werden wesentliche Definitionen und Begriffe zur Priorisierung vorgestellt.
1.1 Definitionen
In der Wikipedia steht zur Priorität /Wiki-Priorität/:
“Priorität (lateinisch prior “der Vordere”) bezeichnet im Allgemeinen den Vorrang einer Sache. Dabei kann der Rang sich aus der zeitlichen Reihenfolge von Ereignissen ergeben (Dringlichkeit) oder umgekehrt eine Reihenfolge aufgrund einer Bewertung (Priorisierung) festgelegt werden.”
Das → IIBA schreibt /BBG17‑d/:
“Priorisierung (prioritization): Vorgehen zur Bestimmung der relativen Bedeutung einer Reihe von → Vorhaben, um zu bestimmen, in welcher Reihenfolge sie bearbeitet werden.”
In der Wikipedia wird zur Priorisierung ausgeführt /Wiki-Priorisierung/:
“Priorisierung oder Prioritätensetzung steht für:
- allgemein das Festlegen einer Priorität
- im Rahmen des Zeitmanagements die Festlegung von Rangfolgen bei Aufgaben
- Priorisierung medizinischer Leistungen, Abstufung nach dem Vorrangigkeitsprinzip.”
Statt Priorisieren findet man auch den Begriff “gewichten”, insbesondere bei Zielen.
1.2 Priorisierungsskalen
Typische dreistufige Priorisierungsskalen sind:
- A, B, C
- 1, 2, 3
- Hoch, mittel, gering
- Muss, soll, kann
Generell ist die Priorisierung nach “A, B, C” zu empfehlen, da diese “intuitiv” verständlich und klar ist.
Es könnte auch direkt eine Rangliste (mit Nummern) festlegt werden, die eine Bearbeitungsreihenfolge vorgibt. Jedoch setzt dies voraus, dass die beteiligten → Stakeholder dies akzeptieren.
2. Priorisierung von Anforderungen
Im Requirements Engineering ist das Priorisieren von Einzelanforderungen eine wichtige Aufgabe.
2.1 Wer führt die Priorisierung durch?
Das Priorisieren von Anforderungen ist die Aufgabe desjenigen, der für die Zusammenstellung eines Anforderungskatalogs oder eines Backlogs verantwortlich ist. Dies ist in der Regel der Produktmanager oder → Product Owner.
2.2 Priorisierungstechniken
Das → IREB /IREB-24/ unterteilt die Priorisierungstechniken in zwei Arten:
- Ad-hoc: Hierunter werden Techniken verstanden, die ohne rechnerische Vorbereitung durchgeführt werden
- Analytisch: Bei diesen Techniken werden primär die unterschiedlichen Anforderungen “durchgerechnet”
Abbildung 2.1: Die Unterteilung der Priorisierungstechniken nach IREB /IREB-23/
Generell werden folgenden Techniken häufig zur Priorisierung eingesetzt:
- “ROI — Return on Investment”: Es erhalten diejenigen Aufgaben die höchste Priorität, die die höchste Rendite versprechen
- “Der Chef bestimmt”: Der “Chef” legt die Bearbeitungsreihenfolge fest
- Multivoting: Alle Beteiligten stimmen (offen) ab, die Reihenfolge ergibt sich aus der Punkteanzahl
Folgende weitere Priorisierungstechniken können verwendet werden:
- → MoSCoW-Priorisierung
- Paarweiser Vergleich (Bubble Sort)
- Wiegerssche Priorisierungsmatrix
- “Buy a → Feature”
- “Cost of Delay”
- Präferenzmatrix (zur Zielgewichtung)
2.3 Priorisieren oder Schätzen?
Häufig werden die Begriffe Priorisieren oder → Schätzen verwechselt: Während das Priorisieren nur eine Reihenfolge festlegt, wird durch das Schätzen der → Aufwand zur Umsetzung bestimmt.
2.4 Typische Fallstricke beim Einsatz von Prioritäten
- “Alles ist Prio A”: Beim Befragen von Stakeholdern tritt häufig die Situation auf, dass fast alle Anforderungen die Priorität A erhalten und somit bevorzugt bearbeitet oder umgesetzt werden sollen. In der Folge sind dann häufig Prioritäten wie “A+” oder “A++” zu finden oder es werden “Spielregeln” hinzugefügt, die besagen, dass nur noch Führungskräfte “Prio A” vergeben dürfen
- “Alle Anforderungen vom Chef sind Prio A”: Das kann auftreten, wenn man annimmt, dass der Chef “alle seine Ideen” umgesetzt haben möchte
- Nicht abgestimmte Skalen: Wenn verschiedene Priorisierungsskalen parallel genutzt werden, so kann es zu Zuordnungsproblemen kommen. Ist beispielsweise “Prio 1” die höchste oder die niedrigste Priorität?
Beispiele für “schlechte Priorisierungsskalen”:
- Im Projekt X13 wurde festgelegt, die Prioritäten mit 1 bis 3 zu benennen, wobei 1 die niedrigste und 3 die höchste Priorität. Nun wollte ein Stakeholder betonen, dass eine Anforderung besonders wichtig sein und hat die Priorität 4 vergeben. In der Folge war unklar, wie damit umzugehen ist
2.5 Gesetzliche oder regulatorische Vorgaben
Wenn einzelnen Anforderungen dazu dienen, gesetzliche oder regulatorische Vorgaben zu erfüllen, so haben diese automatisch die höchste Priorität. Allerdings sollte überprüft werden, ob dies im Einzelfall tatsächlich so ist. In der Praxis werden Einzelanforderungen gerne als “gesetzlich notwendig” bezeichnet, obwohl sie es nicht sind.
3. Der Priorisierungsprozess
Das IREB /IREB-24/ definiert einen Prozess für die Priorisierung in einem Requirements-Vorhaben. Dieser enthält folgende sechs Schritte:
- Festlegen der wichtigsten → Ziele und Randbedingungen für die Priorisierung
- Definieren der gewünschten Beurteilungskriterien
- Festlegen, welche Stakeholder einbezogen werden müssen
- Festlegen, welche Anforderungen priorisiert werden müssen
- Auswahl der Priorisierungstechnik
- Durchführung der Priorisierung
Generell kann auch eine vorläufige Vorab- oder Zwischenpriorisierung durchgeführt werden. Dies ist insbesondere hilfreich, wenn die Priorisierung auch Aufwandsschätzungen berücksichtigen muss.
4. Häufig gestellte Fragen und Antworten (FAQ) zu den Prioritäten
Einige Fragen zu den Prioritäten werden häufig gestellt – diese werden hier wiedergegeben und beantwortet.
- F: Wann sollte eine Priorisierung durchgeführt werden?
A: Generell sollte vor der Umsetzung von Einzelthemen eine Priorisierung vorgenommen werden. - F: Wer ist für die Priorisierung verantwortlich?
A: Bei Projekten ist dies in der Regel der → Projektmanager, im Requirements Engineering der Produktmanager, im agilen Kontext immer der Product Owner. - F: Wer ist für Umsetzung und Einhaltung der Priorisierung verantwortlich?
A: Derjenige, der auch für die Priorisierung verantwortlich ist. - F: Muss vor der Erfassung der einzelnen Themen / Anforderungen die Priorisierungstechnik festgelegt werden?
A: Ja, da eventuell Parameter zur Durchführung der Priorisierung erhoben werden müssen.
Haben Sie noch weitere Fragen oder möchten Sie Ergänzungen an der FAQ vornehmen? Am besten schreiben Sie mir hierzu eine E‑Mail an: kontakt@peterjohann-consulting.de.
A. Präsentationen, Literatur und Weblinks
A.1 Präsentationen
- -
A.2 Literatur
- /BBG17‑d/ IIBA: BABOK v3: Leitfaden zur Business-Analyse BABOK Guide 3.0, Dr. Götz Schmidt, Wettenberg 2017, ISBN 978–3‑945997–03‑1
- /DIN20/ DIN: Projektmanagement. Netzplantechnik und Projektmanagementsysteme. DIN-Taschenbuch 472, Beuth, Berlin 4. Auflage 2020, ISBN 978–3‑410–30000‑7
- /GPM19/ Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement: Kompetenzbasiertes Projektmanagement (PM4), → GPM, Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement, Nürnberg 2019, ISBN 978–3‑924841–77‑5
- /PBG17/ Project Management Institute: A Guide to the Project Management Body of Knowledge (PMBOK Guide), Project Management Institute, Philadelphia, Pennsylvania Sixth Edition 2017, ISBN 978–1‑62825–184‑5
- /PBG17‑d/ Project Management Institute: A Guide to the Project Management Body of Knowledge (PMBOK Guide), Project Management Institute, Philadelphia, Pennsylvania Sechste Ausgabe 2017, ISBN 978–1‑62825–188‑3
- /Wiegers13/ Karl E. Wiegers, Joy Beatty: Software Requirements, Microsoft Press, Redmond, Washington 3rd Edition 2013, ISBN 978–0‑7356–7966‑5
A.3 Weblinks
- /IREB-24/, /#IREB-24/, /#IREB-CPRE-FL-24/ IREB – International Requirements Engineering Board: Lehrplan / Syllabus zum CPRE-FL, Version 3.2.0 vom Februar 2024 (deutsch, pdf-Datei, 51 Seiten)
- /#Wiki-Priorisierung/ Priorisierung in der deutschen Wikipedia
- /#Wiki-Priorität/ Priorität in der deutschen Wikipedia
Legende zu den Weblinks
/ / Verweis auf eine Website (allgemein)
/*/ Verweis auf eine Website, die als Ergänzung zu einem Buch dient
/#/ Verweis auf ein einzelnes Thema auf einer Website
/#V/ Verweis auf ein Video auf einer Website
Letzte Aktualisierung: 16.08.2021 © Peterjohann Consulting, 2005–2024