Schätzen in Projekten Aufwände passend zum richtigen Zeitpunkt ermitteln

Manage­ment-Zusam­men­fas­sung die­ses Bei­trags:
Die Bedeu­tung des Schät­zens von Auf­wän­den bei der Pla­nung und Umset­zung von Pro­jek­ten ist unbe­strit­te­n­er­ma­ßen sehr hoch. Den­noch tre­ten in der Pra­xis Proble­me mit Schät­z­er­geb­nis­sen auf, die sel­ten aus der man­geln­den oder fal­schen Anwen­dung von Werk­zeu­gen und Metho­den resul­tie­ren, son­dern oft­mals das Resul­tat von nicht-abge­stimm­ten Schätz­pro­zes­sen sind.
In die­sem Bei­trag wird das Schät­zen von Auf­wän­den in (klas­si­schen) Pro­jek­ten beschrieben.

Fol­gen­den Fra­ge­stel­lun­gen sind beim Schät­zen in Pro­jek­ten essenziell:

  • Was wird geschätzt? In der Regel sind dies → Auf­wand, → Dau­er und Kosten 
  • Wie wird geschätzt? Hier­zu gibt es eini­ge Schätzmethoden 
  • Wie wird nach der Schät­zung mit den Schät­z­er­geb­nis­sen umge­gan­gen? In der Regel flie­ßen im Pla­nungs­pro­zess die Schät­z­er­geb­nis­se in die Pro­jek­pla­nung ein und lösen damit das ope­ra­ti­ve → Pro­jekt­con­trol­ling aus. Schät­z­er­geb­nis­se kön­nen und soll­ten auch zum Pro­jekt­ab­bruch füh­ren, wenn klar ist, dass die → Pro­jekt­zie­le nicht mehr erreicht wer­den können

Gene­rell soll­te immer eine Schätz­pla­nung in Pro­jek­ten vor­ge­nom­men wer­den, die fol­gen­de drei Aspek­te berück­sich­tigt (Abbil­dung 0.1):

  • Wann soll geschätzt werden?
  • Wie teu­er darf das Schät­zen werden?
  • Wie genau soll geschätzt werden?
Wesentliche Aspekte der Schätzplanung, (C) Peterjohann Consulting, 2022-2024

Abbil­dung 0.1: Wesent­li­che Aspek­te der Schätzplanung

Auch für das Schät­zen müs­sen Auf­wän­de und Kos­ten ein­ge­plant und geneh­migt wer­den. In der Pra­xis wird die­ser Aspekt häu­fig ver­nach­läs­sigt, denn “das Manage­ment benö­tigt genaue Schätzungen”.

Wo kann ich Sie unter­stüt­zen?
Falls Sie den Ein­druck haben, dass das Schät­zen in Ihren Pro­jek­ten über­prüft oder ver­bes­sert wer­den soll­te, ste­he ich Ihnen mit mei­nem Know-how zur Verfügung.

1. Einleitung und Grundlagen

1.1 Definitionen

Die DIN 69901–5:2009 /DIN20/ defi­niert die Auf­wands­schät­zung wie folgt:
“Auf­wands­schät­zung — effort esti­ma­ti­on: Ein­ma­li­ge oder wie­der­hol­te Schät­zung von Kos­ten, Zeit und / oder Res­sour­cen­be­darf, ins­be­son­de­re für zukünf­ti­ge Vor­gän­ge, → Arbeits­pa­ke­te oder Projekte.”

Das → PMI schreibt /PBG21‑d/ zur Schät­zung:
“Schät­zung / Esti­ma­te. Eine quan­ti­ta­ti­ve Bewer­tung des wahr­schein­li­chen Betrags oder Ergeb­nis­ses einer Varia­blen, wie Kos­ten, Res­sour­cen, Auf­wand oder Dau­er eines Pro­jekts.“
und zu den Schätz­me­tho­den:
“Schätz­me­tho­den: Esti­mat­ing Methods. Metho­den zur Ermitt­lung der unge­fäh­ren Arbeits­men­ge, Zeit oder Kos­ten eines Projekts.”

In der Wiki­pe­dia steht zur Auf­wands­schät­zung in der Soft­ware­tech­nik /#Wiki-Schätzen/:
“Auf­wands­schät­zung oder ‑abschät­zung oder Kos­ten­schät­zung ist in der Soft­ware­tech­nik ein Bestand­teil der Pla­nung eines Soft­ware­pro­jekts oder eines Arbeits­pa­ke­tes. Dabei wird geschätzt, wie vie­le Per­so­nen und wie viel Zeit für die ein­zel­nen Arbeits­schrit­te oder Pro­gramm­tei­le not­wen­dig sind, wel­che Res­sour­cen gebraucht wer­den und was es letzt­lich kos­tet. Kos­ten, Ter­mi­ne und benö­tig­te Res­sour­cen sind die Grund­la­ge für ein Ange­bot oder für eine Ent­schei­dung, ob, wie und wann ein Soft­ware­pro­jekt oder → Arbeits­pa­ket davon gemacht wird.”

Zur Schät­zung (all­ge­mein) wird in der Wiki­pe­dia defi­niert /#Wiki-Schätzung/:
“Unter Schät­zung ver­steht man die genä­her­te Bestim­mung von Zah­len­wer­ten, Grö­ßen oder Para­me­tern durch Augen­schein, Erfah­rung oder sta­tis­tisch-mathe­ma­ti­sche Metho­den. Das Ergeb­nis einer Schät­zung weicht im Regel­fall vom wah­ren Wert ab.”

→ Schreib­wei­sen und Sprechweisen:

  • Schät­zun­gen oder Schät­zen beschrei­ben Tätig­kei­ten, aus denen Schät­z­er­geb­nis­se resul­tie­ren, die in der Regel schrift­lich fest­ge­hal­ten wer­den (in Dokumenten)
  • In die­sem Bei­trag wird der Begriff Schätz­me­tho­de ver­wen­det (und nicht Schätz­ver­fah­ren oder Schätztechnik)
  • Der Begriff Auf­wands­schät­zung wird in die­sem Bei­trag mit zwei “s” geschrie­ben; die Schreib­wei­se Auf­wand­schät­zung mit nur einem “s” wird nicht genutzt

1.2 Abgrenzung: Schätzen, Raten, Vermuten, Planen, Ermitteln und Berechnen

Schät­zen darf nicht ver­wech­selt wer­den mit ande­ren Tätig­kei­ten, die dazu die­nen, vor­ab Aus­sa­gen über den benö­tig­ten Auf­wand eines Pro­jekts zu bekom­men. Hier wer­den dann Begrif­fe wie → raten, → ver­mu­ten, pla­nen, ermit­teln oder berech­nen verwendet.

1.3 Richtiges Schätzen

Unter “rich­ti­gem Schät­zen” wird in die­sem Bei­trag das Schät­zen unter rich­ti­gem Ein­be­zie­hen der pas­sen­den Schätz­me­tho­den ver­stan­den. Der Schätz­feh­ler / die Schätz­ab­wei­chung kann auch bei rich­ti­gem Schät­zen groß sein. Daher wird häu­fig neben der Schät­zung ein Abwei­chungs­in­ter­vall ange­ge­ben, wel­ches die mög­li­che → Abwei­chung des Ergeb­nis­ses von der Schät­zung angibt. 

Bei­spiel:
“Es wird ange­nom­men, dass die Umset­zung des Pro­dukts 12.600 Stun­den Auf­wand erfor­dert, 18 Mona­te dau­ert und 2,7 Mil­lio­nen Euro kos­tet. Eine Abwei­chung von +50 % nach oben oder ‑10 % nach unten ist bei jeder der drei Grö­ßen möglich.” 

Wenn die mög­li­che Abwei­chung zu groß erscheint, so kann wei­ter “unter­sucht” und geschätzt werden.

Aus­sa­ge:
“Eine Schät­zung ist kei­ne Zusa­ge, son­dern eine → Annah­me mit einem Risiko.”

1.4 Die Kosten des Schätzens

Schät­zen kos­tet Zeit und Geld. Daher soll­te das Schät­zen selbst geplant wer­den, um einen mög­lichst gro­ßen Nut­zen zu erzie­len. Für grö­ße­re Pro­jek­te bie­tet sich ein drei­stu­fi­ges → Test­ver­fah­ren an (Abbil­dung 1.1), wel­ches auf den drei ers­ten Pha­sen (Initia­li­sie­rung, Defi­ni­ti­on, Pla­nung) mei­nes → Stan­dard-Pha­sen­mo­dells basiert.

Ein auf Projektphasen basierendes, dreistufiges Schätzverfahren, (C) Peterjohann Consulting, 2022-2024

Abbil­dung 1.1: Ein auf → Pro­jekt­pha­sen basie­ren­des, drei­stu­fi­ges Schätzverfahren

Gene­rell ist zu beachten:

  • Wenn ein Pro­jekt — bei­spiels­wei­se aus stra­te­gi­schen oder recht­li­chen Grün­den — durch­ge­führt wer­den muss, so sind detail­lier­te Schät­zun­gen von unter­ge­ord­ne­ter Bedeu­tung, da ein Abbruch des Pro­jekts nicht mög­lich ist
  • Je klei­ner die Lauf­zeit eines Pro­jekts, umso weni­ger muss geschätzt werden

Bei­spiel:
Wenn in der → Vor­pro­jekt­pha­se eine Abschät­zung der Grö­ßen­ord­nung erfol­gen soll, so bringt es wenig, das Schät­zen in einer “gro­ßen Run­de mit vie­len Exper­ten” durch­zu­füh­ren, da oft­mals die Grund­la­gen (wie die Unter­tei­lung in Teil­pro­jek­te und Arbeits­pa­ke­te) fehlen.

1.5 Psychologische Aspekte des Schätzens

Wenn für die Schät­zung Exper­ten her­an­ge­zo­gen wer­den und die­se eine Schät­zung abge­ge­ben haben, so ist die­se gül­tig und soll­te nicht durch das Manage­ment kor­ri­giert wer­den. Denn idea­ler­wei­se sind die Schätz­ex­per­ten auch die­je­ni­gen, die das abge­schätz­te Objekt sel­ber umset­zen oder die Ver­ant­wor­tung für die Umset­zung tragen.

Der Umgang mit einem Schätz­puf­fer soll­te vor­ab geklärt wer­den: Sol­len Puf­fer­zei­ten ein­ge­rech­net wer­den oder nicht? Und wenn ja: Wann soll der Puf­fer hin­zu­ge­fügt wer­den und wie ist er mit der Abwei­chung / mit dem Abwei­chungs­kor­ri­dor zu verrechnen?

2. Schätzzeitpunkte und Genauigkeit

Im Lau­fe eines Pro­jekts wird zu unter­schied­li­chen Zeit­punk­ten mit unter­schied­li­cher → Genau­ig­keit geschätzt (Abbil­dung 2.1). Typi­scher­wei­se soll­ten min­des­tens zu fol­gen­den drei Zeit­punk­ten Schät­zun­gen vor­ge­nom­men werden:

  1. Vor Beginn des Pro­jekts wird mit der → Mach­bar­keits­stu­die abge­schätzt, wel­cher Grö­ßen­ord­nung (“Rough Order Magni­tu­de – ROM”) das Gesamt­pro­jekt zuzu­ord­nen ist
  2. Bei der Aus­ar­bei­tung des Pro­jekts wird meis­tens eine Kos­ten-Nut­zen-Ana­ly­se (als Teil der → Wirt­schaft­lich­keits­be­trach­tung) vor­ge­nom­men, über die das Pro­jekt­bud­get fest­ge­legt wird
  3. Erst mit → Pro­jekt­start und der Erstel­lung der kon­kre­ten Plä­ne (wie dem → Pro­jekt­struk­tur­plan→ PSP) kommt es zur defi­ni­ti­ven Schät­zung auf Basis der Arbeitspakete
Der Korridor der Unsicherheit, (C) Peterjohann Consulting, 2014-2024

Abbil­dung 2.1: Der “→ Kor­ri­dor der Unsi­cher­heit” (nach /Kerzner08/)

Die nach­fol­gen­de Tabel­le (Abbil­dung 2.2) gibt die Grö­ßen­ord­nung der Abwei­chun­gen in den ein­zel­nen Schätz­pha­sen wieder.

Abschätzungen der Größenordnung, (C) Peterjohann Consulting, 2014-2024

Abbil­dung 2.2: Abschät­zun­gen der Grö­ßen­ord­nung (nach /Kerzner08/)

Ach­tung:
Genau­es Schät­zen kos­tet Geld. Wenn die Kos­ten für eine genaue­re Schät­zung (als die bis­lang vor­lie­gen­de) höher sind als der erwar­te­te Nut­zen, so soll­te kei­ne genaue­re Schät­zung durch­ge­führt werden.

Anmer­kung:
Statt “Abschät­zung der Grö­ßen­ord­nung” fin­det sich auch der Begriff “Abschät­zen der Haus­num­mer” oder im eng­li­schen Sprach­raum “Ball­park Estimate”.

3. Das Schätzen auf Basis des Projektstrukturplans 

Gene­rell wird der Auf­wand für die Umset­zung eines Pro­jekts wäh­rend der Pla­nung mit Hil­fe des Pro­jekt­struk­tur­plans geschätzt. Dazu wer­den für die ein­zel­nen Arbeits­pa­ke­te Auf­wand, Dau­er und Kos­ten ermit­telt. Durch Auf­sum­mie­rung (→ Bot­tom-up) ergibt sich dann der Gesamt­auf­wand für das Pro­jekt (Abbil­dung 3.1). Vor­aus­set­zung für die­se Fein­schät­zung ist eine genaue Beschrei­bung der Arbeitspakete.

Der Projektstrukturplan und die Bottom-Up-Summierung, (C) Peterjohann Consulting, 2021-2024

Abbil­dung 3.1: Der Pro­jekt­struk­tur­plan und die Bottom-up-Summierung

Das PMI defi­niert die Bot­tom-up-Schät­zung fol­gen­der­ma­ßen /PMG-BA17/:
“Bot­tom-Up Esti­mat­ing. A method of esti­mat­ing dura­ti­on or cost by aggre­ga­ting the esti­ma­tes of the lower-level components.”

4. Die wesentlichen Schätzmethoden zur Aufwandsermittlung

Die Bezeich­nun­gen der ver­schie­de­nen Schätz­me­tho­den vari­ie­ren in der Lite­ra­tur und auch in der Pra­xis sehr stark: Eine Aus­wahl der Bezeich­nun­gen für Schätz­me­tho­den ist in Abbil­dung 4.1 dar­ge­stellt. Die far­big dar­ge­stell­ten Schätz­me­tho­den und Schätz-Vor­ge­hens­wei­sen wer­den in die­sem Kapi­tel ein­zeln mit jewei­li­gen Stär­ken und Schwä­chen vorgestellt.

Schätzen: Methoden und Begriffe, (C) Peterjohann Consulting, 2021-2024

Abbil­dung 4.1: Schät­zen: Metho­den und Begriffe

Fol­gen­de Schätz­me­tho­den wer­den in den nächs­ten Abschnit­ten vorgestellt:

  1. Die Exper­ten­schät­zung
  2. Die Ana­lo­gie­me­tho­de
  3. Die Kenn­zah­len­me­tho­de
  4. Die Para­me­tri­sche Methode
  5. Die Drei­punkt­schät­zung
  6. Die Schätz­klau­sur

4.1 Die Expertenschätzung

Bei die­ser Metho­de wer­den Schät­zun­gen von einem (oder meh­re­ren) Exper­ten vor­ge­nom­men. Die Basis ist das “Bauch­ge­fühl” des Exper­ten, der sich auf dem Gebiet aus­kennt. Dies dürf­te die am wei­tes­ten ver­brei­te­te Schätz­me­tho­de sein.

Typi­scher­wei­se wird sie bei der (Erst-)Schätzung von Arbeits­pa­ke­ten ein­ge­setzt: Dort soll­te der Arbeits­pa­ket­ver­ant­wort­li­che die Schät­zung vornehmen.

Stär­ken:

  • Sehr schnell
  • Qua­si immer möglich

Schwä­chen:

  • Schwer über­prüf­bar; Über­prü­fung führt schnell zu per­sön­li­chen Angriffen
  • Nur für “homo­ge­ne” Gebie­te einsetzbar
  • Even­tu­ell durch per­sön­li­che Vor­lie­ben geprägt

4.2 Die Analogiemethode

Aus bereits been­de­ten Pro­jek­ten (mit ent­spre­chen­der Ähn­lich­keit) wer­den durch Ana­lo­gie­schlüs­se die Schätz­grö­ßen abge­lei­tet.
Bei­spiel­haft sind in Abbil­dung 4.2 zwei abge­schlos­se­ne Pro­jek­te A und B dar­ge­stellt, die eine Ähn­lich­keit mit einem neu­en Pro­jekt auf­wei­sen. Der Auf­wand für das neue Pro­jekt dürf­te dann unge­fähr so groß sein wie der Auf­wand für die abge­schlos­se­nen Projekte.

Schätzen: Die Analogiemethode, (C) Peterjohann Consulting, 2021-2024

Abbil­dung 4.2: Schät­zen: Die Analogiemethode

Stär­ken:

  • Sehr schnel­le Methode
  • Gut kom­mu­ni­zier­bar

Schwä­chen:

  • Setzt ver­gleich­ba­re Pro­jek­te voraus
  • Mit Unsi­cher­hei­ten behaf­tet, da subjektiv
  • Unter Umstän­den schwer nachvollziehbar

4.3 Die Kennzahlenmethode

Aus abge­schlos­se­nen Pro­jek­ten wer­den Kenn­zah­len abge­lei­tet, die dann in neu­en Pro­jek­ten her­an­ge­zo­gen wer­den (z.B. pro­zen­tua­le Ver­tei­lung des Gesamt­auf­wands auf die ein­zel­nen Projektphasen).

Als Kurz­for­mel wird oft­mals “Men­ge * Dau­er” oder “Men­ge * Preis” genannt.

Das “Wän­de­strei­chen” ist das bekann­tes­te Bei­spiel:
“Wenn man für das Strei­chen von 100 m² Wand 2 Stun­den benö­tigt, wie lan­ge benö­tigt man dann für 1.000 m²?”

Stär­ken:

  • Bei “guten Kenn­zah­len­sys­te­men” erge­ben sich gute Ergebnisse

Schwä­chen:

  • Die Kenn­zah­len sind zumeist nur auf einen Bereich beschränkt

4.4 Die Parametrische Methode

“Para­me­tri­sche Schätz­ver­fah­ren oder auch algo­rith­mi­sche Schätz­ver­fah­ren sind Ver­fah­ren, die aus empi­ri­schen Daten zu ermit­teln ver­su­chen, wel­che Para­me­ter auf den → Pro­jekt­auf­wand und auf die Pro­jekt­lauf­dau­er Aus­wir­kun­gen haben und die­se in einen mathe­ma­ti­schen Zusam­men­hang brin­gen.”
/#→ GPM-Para­me­ter-Schät­zun­g/

In der → Soft­ware­ent­wick­lung wird die para­me­tri­sche Metho­de häu­fi­ger bei gro­ßen Pro­jek­ten ein­ge­setzt, denn es gibt hier eta­blier­te Ansät­ze wie das CoCo­Mo-Modell(, wel­ches hier aber nicht vor­ge­stellt wird).

Stär­ken:

  • Hohe Genau­ig­keit, wenn die Anwen­dung mög­lich ist

Schwä­chen:

  • Even­tu­ell hoher Auf­wand zur Erstel­lung der Parameter

4.5 Die Dreipunktschätzung

Die Drei­punkt­schät­zung oder PERT-Schät­zung (aus der Pro­gram Eva­lua­ti­on & → Review Tech­ni­que stam­mend) basiert auf (Experten-)Schätzungen, indem ein opti­mis­ti­scher, ein rea­lis­ti­scher und ein pes­si­mis­ti­scher Schätz­wert als Basis her­an­ge­zo­gen wer­den. Der Drei­punkt­schätz­wert ergibt sich als Mit­tel­wert die­ser Wer­te, wobei der rea­lis­ti­sche, mitt­le­re Wert vier­fach gewich­tet wird.

Fol­gen­de Glei­chung ergibt den Schätzwert:

Schätz­wert = (oW + 4*mW + pW) / 6

  • pW = pes­si­mis­ti­scher Wert
  • mW = rea­lis­ti­scher, mitt­le­rer Wert
  • oW = opti­mis­ti­scher Wert

Stär­ken:

  • All­ge­mein aner­kann­te Metho­de, wird nicht angezweifelt

Schwä­chen:

  • Es sind meh­re­re (Exper­ten und) Exper­ten­schät­zun­gen notwendig

4.6 Die Schätzklausur

In einer Schätz­klau­sur wer­den Exper­ten zusam­men­ge­zo­gen, die sich dann mit Schät­zun­gen eines kom­plet­ten The­mas (im All­ge­mei­nen eines Pro­jekts) ausein­ander­setzen. Eine Schätz­klau­sur wird in der Regel unmit­tel­bar mit oder nach der Erstel­lung des Pro­jekt­struk­tur­plans durch­ge­führt und dau­ert übli­cher­wei­se meh­re­re Stun­den. Wie dabei die Schät­zun­gen durch­ge­führt wer­den, ist hier­über nicht fest­ge­legt, jedoch wird viel­fach die Del­phi-Metho­de //#Wiki-Delphi-Methode/ eingesetzt.

Die DIN 69901–3:2009 /DIN20/ defi­niert die fünf Ablauf­schrit­te einer Schätz­klau­sur wie folgt:

  1. Aus­wahl der Exper­ten, wel­che die Schät­zung durchführen;
  2. Ver­tei­lung der Infor­ma­tio­nen an die Experten;
  3. (Vorab-)Schätzung des Auf­wands durch die Experten;
  4. Gemein­sa­me Durch­spra­che der Schät­z­er­geb­nis­se, ins­be­son­de­re von Abwei­chun­gen (Ach­tung, auch bei Prä­mis­sen und Annahmen);
  5. Fest­le­gung des gemein­sam getra­ge­nen Schät­z­er­geb­nis­ses sowie der gemein­sa­men Prämissen.

Stär­ken:

  • Wenn die Schätz­klau­sur gut orga­ni­siert ist, führt dies zu sehr guten Ergebnissen

Schwä­chen:

  • Hoher Auf­wand

5. Das Schätzen in der Nachbereitung / Nachbetrachtung

Wenn Schät­zun­gen erfolgt sind, so kön­nen die Schät­z­er­geb­nis­se ver­wen­det wer­den. Nach der Fer­tig­stel­lung ein­zel­ner Arbeits­pa­ke­te kann dann über einen Soll-Ist-Ver­gleich fest­ge­stellt wer­den, wie gut die ein­zel­nen Schät­zun­gen waren. Hier­aus kön­nen Erkennt­nis­se gewon­nen wer­den, die dann wie­der­um in wei­te­re Schät­zun­gen — für wei­te­re Arbeits­pa­ke­te oder ande­re Pro­jek­te — ein­flie­ßen können.

Bei­spiel:
Nach der Umset­zung der ers­ten 20 von ins­ge­samt 100 Arbeits­pa­ke­ten stel­len Sie fest, dass eine sys­te­ma­ti­sche Abwei­chung von 25 % (nach oben) zu erken­nen ist. Die Ursa­che ist über­all gleich (und kann nicht geän­dert wer­den) — es wer­den wei­te­re 40 Arbeits­pa­ke­te davon betrof­fen sein. Daher könn­ten Sie die Abschät­zun­gen für die­se 40 Arbeits­pa­ke­te anpas­sen. Aber Ach­tung: Das Anpas­sen der Schät­zun­gen zieht Pla­nungs­än­de­run­gen mit einer neu­en → Base­line nach sich und soll­te nicht ohne Rück­spra­che mit den Schät­zern / Arbeits­pa­ket­ver­ant­wort­li­chen geschehen.

6. Lektionen zum Schätzen nach Wiegers

Wie­gers /Wiegers21/ benennt — neben wei­te­ren Lek­tio­nen — fol­gen­de Regeln zum Schät­zen (für → Pro­jekt­ma­na­ger):

  • “Geben Sie nie­man­dem eine spon­ta­ne Schätzung
  • Sie sind in einer bes­se­ren Ver­hand­lungs­po­si­ti­on, wenn Sie Daten für Ihre Argu­men­ta­ti­on haben
  • Solan­ge Sie Ihre Schät­zun­gen nicht auf­zeich­nen und mit den tat­säch­lich ein­ge­tre­te­nen Ereig­nis­sen ver­glei­chen, wer­den Sie immer nur raten, statt zu schätzen
  • Ändern Sie eine Schät­zung nicht, je nach­dem, was der Emp­fän­ger hören möchte”

7. Checklisten für das Schätzen in Projekten

Gene­rell soll­ten fol­gen­de Fra­gen zu Beginn eines Pro­jekts gestellt (und beant­wor­tet) werden:

  1. Kann das Schät­zen in Pro­jek­ten über­haupt durch­ge­führt wer­den / sind die Grund­vor­aus­set­zun­gen und über­grei­fen­de Stan­dards vorhanden?
  2. Wur­den / Wer­den die Arbeits­pa­ke­te rich­tig geschätzt?

Die bei­den nach­fol­gen­den → Check­lis­ten (→ Abbil­dun­gen 7.1 und 7.2) hel­fen bei der Beant­wor­tung die­ser Fragen.

Checkliste: Gibt es übergreifende Standards zur Aufwandsschätzung?, (C) Peterjohann Consulting, 2021-2024

Abbil­dung 7.1: Check­lis­te: Gibt es über­grei­fen­de Stan­dards zur Aufwandsschätzung?

Checkliste: Wurde das Arbeitspaket richtig geschätzt?, (C) Peterjohann Consulting, 2021-2024

Abbil­dung 7.2: Check­lis­te: Wur­de das Arbeits­pa­ket rich­tig geschätzt?

8. Häufig gestellte Fragen und Antworten (FAQ) zum Schätzen in Projekten

Eini­ge Fra­gen zum Schät­zen in Pro­jek­ten wer­den häu­fig gestellt – die­se wer­den hier wie­der­ge­ge­ben und beantwortet.

  • F: Wel­ches ist die pas­sen­de Schätz­me­tho­de für ein Pro­jekt?
    A: Dies hängt von der Auf­ga­ben­stel­lung, dem → Zeit­punkt und von der (umge­ben­den) Orga­ni­sa­ti­on ab und kann daher nicht pau­schal beant­wor­tet werden.
  • F: Kann man auf das Schät­zen in Gän­ze ver­zich­ten?
    A: Wenn man in klas­si­schen Pro­jek­ten arbei­tet nein, denn dann wür­de es nicht mög­lich sein, den → Pro­jekt­plan mit dem Kosten‑, Zeit- und → Res­sour­cen­plan zu erstellen.

Haben Sie noch wei­te­re Fra­gen oder möch­ten Sie Ergän­zun­gen an der FAQ vor­neh­men? Am bes­ten schrei­ben Sie mir hier­zu eine E‑Mail an: kontakt@peterjohann-consulting.de.

A. Präsentationen, Literatur und Weblinks

A.1 Meine öffentliche Präsentation zum Schätzen in Projekten

Die Prä­sen­ta­ti­on ist in Tei­len deckungs­gleich mit der Dar­stel­lung auf die­ser Web­sei­te und kann für eine “Schnell­dar­stel­lung” genutzt werden.

Inhalt Typ
Pro­jekt­ma­nage­ment: Schät­zen (von Auf­wän­den) – Eine Übersicht
pdf

A.2 Literatur

  • /DIN20/ DIN: → Pro­jekt­ma­nage­ment. Netz­plan­tech­nik und Pro­jekt­ma­nage­ment­sys­te­me. DIN-Taschen­buch 472, Beuth, Ber­lin 4. Auf­la­ge 2020, ISBN 978–3‑410–30000‑7
  • /Ebert07/ Chris­tof Ebert, Rei­ner Dum­ke: Soft­ware Mea­su­re­ment: Estab­lish, Extra­ct, Eva­lua­te, Exe­cu­te, Sprin­ger, Ber­lin 2007, ISBN 978–3‑540–71648‑8
  • /GPM19/ Deut­sche Gesell­schaft für Pro­jekt­ma­nage­ment: Kom­pe­tenz­ba­sier­tes Pro­jekt­ma­nage­ment (PM4), GPM, Deut­sche Gesell­schaft für Pro­jekt­ma­nage­ment, Nürn­berg 2019, ISBN 978–3‑924841–77‑5
  • /Jakoby21/ Wal­ter Jako­by: Pro­jekt­ma­nage­ment für Inge­nieu­re: Ein pra­xis­na­hes Lehr­buch für den sys­te­ma­ti­schen Pro­jekt­er­folg, Sprin­ger Vie­w­eg, Wies­ba­den 5. Auf­la­ge 2021, ISBN 978–3‑658–32790‑3
  • /Hummel11/ Oli­ver Hum­mel: Auf­wands­schät­zun­gen in der Soft­ware- und Sys­tem­ent­wick­lung kom­pakt, Spek­trum Aka­de­mi­scher Ver­lag, Hei­del­berg 2011, ISBN 978–3‑8274–2751‑9
  • /Kerzner08/ Harold Kerz­ner: Pro­jekt­ma­nage­ment – Ein sys­tem­ori­en­tier­ter Ansatz zur Pla­nung und Steue­rung, mitp, Bonn 2. Auf­la­ge 2008, ISBN 978–3‑8266–1666‑2
  • /McConnell06/ Ste­ve McCon­nell: Auf­wand­schät­zung bei Soft­ware­pro­jek­ten. Soft­ware­schät­zung ist kein Buch mit sie­ben Sie­geln, Micro­soft Press Deutsch­land, Mün­chen 2006, ISBN 978–3‑86645–612‑9
  • /Parthas07/ M.A. Par­tha­sa­ra­thy: Prac­ti­cal Soft­ware Esti­ma­ti­on: Func­tion Point Methods for Insour­ced and Out­sour­ced Pro­jects, Addi­son-Wes­ley Long­man, Ams­ter­dam 2007, ISBN 978–0‑321–43910‑9
  • /Patzak17/ Gerold Patzak, Gün­ter Rat­tay: Pro­jekt­ma­nage­ment. Pro­jek­te, Pro­jekt­port­fo­li­os, Pro­gram­me und pro­jekt­ori­en­tier­te Unter­neh­men, Lin­de, Wien 7. Auf­la­ge 2017, ISBN 978–3‑7143–0321‑6
  • /PBG21/ Pro­ject Manage­ment Insti­tu­te: A Gui­de to the Pro­ject Manage­ment Body of Know­ledge (PMBOK Gui­de) and The Stan­dard for Pro­ject Manage­ment, Pro­ject Manage­ment Insti­tu­te, Phil­adel­phia, Penn­syl­va­nia Seventh Edi­ti­on 2021, ISBN 978–1‑62825–664‑2
  • /PBG21‑d/ Pro­ject Manage­ment Insti­tu­te: A Gui­de to the Pro­ject Manage­ment Body of Know­ledge (PMBOK Gui­de) und Der Stan­dard für das Pro­jekt­ma­nage­ment, Pro­ject Manage­ment Insti­tu­te, Phil­adel­phia, Penn­syl­va­nia Sieb­te Aus­ga­be 2021, ISBN 978–1‑62825–695‑6
  • /PMG-BA17/ Pro­ject Manage­ment Insti­tu­te: The PMI Gui­de to → Busi­ness Ana­ly­sis, Pro­ject Manage­ment Insti­tu­te, Phil­adel­phia, Penn­syl­va­nia 2017, ISBN 978–1‑62825–198‑2
  • /Poensgen12/ Ben­ja­min Poens­gen: Func­tion-Point-Ana­ly­se: Ein Pra­xis­hand­buch, dpunkt, Hei­del­berg 2. Auf­la­ge 2012, ISBN 978–3‑89864–762‑5
  • /Wiegers21/ Karl Wie­gers: Soft­ware Deve­lo­p­ment Pearls. Les­sons from Fif­ty Years of Soft­ware Expe­ri­ence, Addi­son-Wes­ley Pro­fes­sio­nal, Bos­ton, Mas­sa­chu­setts 2021, ISBN 978–0‑13–748777‑6

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